Bericht aus der Sächsichen Zeitung vom 21.04.2015
Die Bierstädter feiern einen der größten Erfolge in ihrer Geschichte. In der kommenden Saison sind sie fast ganz oben.
Von Christian Kluge
Die erfolgreiche Radeberger Männermannschaft nach der Ehrung für Platz eins in der Verbandsliga, die am vergangenen Freitag stattfand. Hinten (von links): Sektionsleiter René Jeschke, Teamchef Michael Gärtner, Oliver Gärtner und Markus Starzetz. Vorn freuen sich (von links) Nachwuchsspieler Toni Hanusch, Sven Kadur und Jörg Bergmann. Foto: privat
Fast alles hätten die Radeberger Kegler vor der Verbandsliga-Saison 2014/15 erwartet. Nur eins nicht: Dass sie ab September diesen Jahres in der 2. Bundesliga antreten werden. Auch der 54-jährige Teamchef Michael Gärtner war am Saisonende, an dem seine RSV-Truppe mit einem Punkt vor Döbeln Meister wurde, erst mal geplättet und gestand: „Unser Ziel war eigentlich der Klassenverbleib. Aber als wir im Verlauf der Saison immer Erster oder Zweiter waren, war der Aufstieg dann schon ein Thema.“
Alle acht Heimspiele gewonnen
Die Grundlage dafür legten die Radeberger auf den eigenen Bahnen, indem sie alle acht Heimspiele für sich entscheiden konnten. Doch die Entscheidung fiel auswärts. „Als wir unsere direkten Aufstiegskonkurrenten Döbeln und Deutzen bezwingen konnten, da war das schon eine Vorentscheidung“, erinnert sich Oliver Gärtner – der Sohn des Teamchefs, der mit 970 Kegeln das beste Saison-Einzelresultat beim RSV erzielte – an die Höhepunkte der erfolgreichen letzten Saison.
Geehrt wurden er und seine Vereinskameraden Jörg Bergmann, Sven Kadur, Markus Starzetz, Toni Hanusch, René Jeschke sowie Teamchef Michael Gärtner am vergangenen Freitag mit Goldmedaillen und einer Urkunde. Die Brauerei Radeberg machte für die Abschlussfeier übrigens 50 Liter Freibier locker. Seit mehreren Jahren ist der gelernte Schlosser Michael Gärtner, der auch in Radeberg wohnt und arbeitet, nun schon Teamchef beim RSV. Und einer der Leistungsträger. In der Statistik kommt er sowohl auf den Heimbahnen als auch auswärts auf einen Durchschnitt von über 900 Kegeln bei den angesetzten 200 Wurf – und das ist vor allem bei den Auswärtsspielen extrem gut. Zuhause in Radeberg, da muss man die Bahnen schon gut kennen, um mit den RSV-Männern mitzuhalten. Außerdem werden die Bierstädter bei ihren Heimspielen auch von etlichen Zuschauern unterstützt, darunter auch die Akteure der zweiten Mannschaft.Die Kegelanlage an der Schillerstraße und die treuen Fans – genau das sind die Hoffnungen der Bierstädter in der kommenden Saison. „Auf unseren Bahnen zu spielen ist nicht so einfach“, sagt Jörg Bergmann, der letzte Saison mit 950 Holz auch ein Top-Einzelresultat hinlegte. „Das sind gegossene Kunststoffbahnen, die sehr genaue Spielweise erfordern.“ Dem Laien erschließt sich hier nicht, wo der Unterschied zu neueren Kegelbahnen besteht – aber Jörg Bergmann weiß, wovon er spricht. Und die absolut perfekte Heimbilanz im Aufstiegsjahr spricht für sich.
Nun wird auf jeden Fall erst mal gebaut, bevor die 2. Bundesliga in Radeberg einzieht. In jede Umkleide müssen Toiletten und Duschen rein, außerdem wird ein Behinderten-WC gebaut. „Das wird über Eigenleistungen, durch den Verein und Sponsoren finanziert“, sagt Gärtner, der dankbar ist für die Unterstützung von Sponsoren wie der „Wohnbau Radeberg“.
Gegner der Radeberger sind in der kommenden Saison dann unter anderem Berlin, Schwedt, Cottbus, Schmölln oder das Team aus dem brandenburgischen Arnsdorf. „Unser Team bleibt in der nächsten Saison zusammen“, erklärt René Jeschke, mit 912 Kegeln als bestem Einzelresultat der Viertbeste in der RSV-Mannschaft. Verstärkungen sind erwünscht, aber in Ostsachsen oder im Großraum Dresden schwierig zu bekommen. Und auch der eigene Nachwuchs macht den RSV-Keglern Sorgen. Zu wenige Kinder und Jugendliche interessieren sich noch für den Kegelsport – oder überhaupt für Sport. Die Zeiten haben sich eben geändert.
„Ich bin noch zu DDR-Zeiten über die Schule zum Kegeln gekommen“, erinnert sich Teamchef Gärtner. Aber das ist heutzutage wohl nicht mehr so gefragt an den Bildungseinrichtungen in Ostsachsen. Und doch hat der RSV Talente wie Toni Hanusch in seinen Reihen, dem als Ersatzmann problemlos der Sprung von der zweiten in die erste Männermannschaft der Radeberger gelungen ist. Der Nachwuchskegler hat fünf volle Spiele bei den Männern bestritten und als Top-Resultat immerhin auch schon 843 Holz hingelegt.
Zwei verschiedene Spielsysteme
Bleibt nun abzuwarten, wohin der Weg der deutschen Kegler überhaupt führen wird. Neben der klassischen 200-Wurf-Liga, in der der Radeberger SV antreten wird, gibt es 2015/16 auch noch die international gültige 120-Wurf-Liga. Hier spielt übrigens mit den Frauen vom MSV Bautzen 04 noch ein weiterer Kegelverein aus dem Landkreis sehr erfolgreich in der 2. Bundesliga. Schon beachtlich, was die Kegler in Ostsachsen für Leistungen zuwege bringen. Von der Spielklasse her befinden sie sich beispielsweise auf Augenhöhe mit den Zweitliga-Handballerinnen vom HC Rödertal. Und so viele andere Bundesligisten finden sich auch nicht in der Region.
Nur in Randsportarten wie Billardkegeln – hier spielt der SV Blau-Weiß Neschwitz – oder im Kraftsport, wo der KBV Bautzen seit Jahren in der Kraftdreikampf-Bundesliga für Furore sorgt.